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Neues bei Anteilsvereinigungen

Der Tatbestand der Anteilsvereinigung wurde erweitert. Anstatt erst bei 100 Prozent wird schon bei einer Anteilsvereinigung ab 95 Prozent Grunderwerbsteuer ausgelöst.

Autor: Franz Rittsteuer

Mit dem Steuerreformgesetz 2015/16 wurde der Tatbestand der Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs 3 GrEStG dahingehend erweitert, dass Grunderwerbsteuer bereits dann ausgelöst wird, wenn zumindest 95 Prozent der Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft bei einem Erwerber oder in der Hand einer Unternehmensgruppe vereinigt werden. Vorbild für diese Regelung war das deutsche GrEstG. Nach alter österreichischer Rechtslage wurde dieser Tatbestand erst bei einer Anteilsvereinigung von 100 Prozent verwirklicht.

Mittelbarer Anteilserwerb

Folgefragen wirft nun die Interpretation dieser neuen Vorschrift hinsichtlich der Zurechnung von Grundstücken bei mittelbaren Anteilserwerben auf. Laut der von Vertretern der Finanzverwaltung und Lehre im Schrifttum vertretenen Auffassung soll sich die Zurechnung für GrESt-Zwecke nicht nach zivilrechtlichen, sondern nach den Bestimmungen des GrEStG richten. Somit wird einer Gesellschaft dann ein Grundstück zugerechnet, wenn diese in der Vergangenheit den Tatbestand der Anteilsvereinigung verwirklicht hat. Dies soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden:

Die Interpretation der neuen Vorschrift wirft Folgefragen auf.

Die M-GmbH hält 95 Prozent der Anteile an der T-GmbH. Die T-GmbH hat zuvor 95 Prozent der Anteile an der grundstücksbesitzenden G-GmbH erworben und damit eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung verwirklicht. Laut der oben genannten Ansicht wurde die T-GmbH durch diese Anteilsvereinigung zu einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft im Sinne des GrEStG. Verkauft nun die M-GmbH 95 Prozent der Anteile an der T-GmbH an einen Erwerber, löst dies den Tatbestand der Anteilsvereinigung und somit GrESt aus, obwohl aus zivilrechtlicher Sicht kein Anteil an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft erworben wurde.

Diese Ansicht wird mit der Judikatur des deutschen BFH begründet (in Österreich ist hierzu derzeit keine Rechtsprechung vorhanden). Nach dieser Auffassung ist ein Grundstück dem Vermögen einer Gesellschaft aus GrESt-Sicht bereits dann zuzurechnen, wenn diese aufgrund einer in der Vergangenheit verwirklichten Anteilsvereinigung GrESt bezahlt hat. Im obigen Beispiel wird somit die T-GmbH durch den steuerpflichtigen Anteilserwerb, der durch den Erwerb von 95 Prozent der Anteile an der G-GmbH verwirklicht wurde, zu einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft im Sinne des GrEStG.

Derzeit ist nicht absehbar, ob sich diese im Schrifttum dargestellte Aussage in der österreichischen Rechts- sowie Verwaltungspraxis und Judikatur durchsetzt. Aus unserer Sicht überzeugt die oben dargestellte Interpretation unter anderem deshalb nicht, da der Wortlaut des Tatbestands der Anteilsvereinigung im österreichischen und deutschen GrEStG nicht deckungsgleich ist und deutsche BFH-Judikatur in Österreich keine Bindungswirkung entfaltet. Derzeit ist daher davon auszugehen, dass diese Interpretation des Gesetzes derzeit in Österreich nicht anwendbar ist.

Anteilserwerb ohne Vereinigung

Ein mittelbarer Anteilserwerb an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft führt nach herrschender Meinung zu keinem Anfall von GrESt, wenn die Zwischengesellschaft den Tatbestand der Anteilsvereinigung in der Vergangenheit nicht verwirklicht hat.

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