Junger deutscher Zinshausmarkt
Wie sieht der deutsche Markt im Vergleich zum Österreichischen aus? Thomas Doll: In Österreich gab es das klassische Zinshaus für Investoren praktisch schon seit mehr als 100 Jahren. In Deutschland wurden in den 50-iger Jahren und danach Immobilien meist zur Eigennutzung erworben. Erst die prägenden Unternehmerfamilien des deutschen Wirtschaftswunders fingen über ihre Vermögens-Verwaltungsgesellschaften und heutigen Family Offices dann kontinuierlich an, Zinshäuser ins Portfolio aufzunehmen. Antrieb dessen war die klare Erkenntnis, dass ein Zinshaus noch jede politische oder wirtschaftliche Unsicherheit überstehen wird. "Gewohnt wird immer" - mit diesem Slogan sind viele Kinder in Unternehmerfamilien groß geworden, wenn die Patriarchen - statt zu konsumieren - ihr Geld in Zinshäusern angelegt hatten. Das wird heute übrigens sowohl in Österreich als auch in Deutschland noch immer genauso gesehen. Die Investoren stören sich in diesem Segment auch nicht an der deutschen Mietpreisbremse. Am Zinshaus geht dieser politische Eingriff weitgehend vorbei. Dies liegt auch daran, dass Bestandsmieten sowohl in Deutschland als auch in Österreich in Zinshäusern eher niedrig sind. Bei Neuvermietungen werden allerdings dann signifikante Mietsteigerungen erzielt. Das Problem ist nur, dass kaum jemand freiwillig auszieht.
Ist eine neue Definition für Zinshäuser nötig - nämlich dahingehend, dass alles, was ein Mehrfamilienhaus mit Mieteinheiten ist, als Zinshaus einzuordnen wäre? Doll: Die Definition eines Zinshauses leitete sich im deutschen Markt aus der klassischen Bestands-Wohnimmobilie ab. Diese insbesondere bei vermögenden Privatanlegern beliebten Zinshäuser zeichneten sich durch wenig Gewerbeanteil (maximal Läden im EG) und einen praktisch nicht vorhandenen Instandhaltungsrückstau aus. Heute spricht man hier von Core und Core Plus Immobilien. Die Mietrenditen dieser Immobilien sind in den vergangenen 30 Jahren allerdings meistens unter oder bis maximal 4% geblieben. Durch die starken Preissteigerungen der vergangenen fünf Jahre geben sich Kapitalanleger in dieser Assetklasse nunmehr auch mit 2% Mietrendite zufrieden, in Spitzenlagen sogar mit noch weniger. Der Begriff Zinshaus wird also immer weniger dem Produkt selbst gerecht. An dessen Beliebtheit hat sich jedoch nichts geändert, weil ein Zinshaus im Vergleich zu anderen Alternativen wenige Risiken mit sich bringt.
Zinshäuser werden immer ein Anlageobjekt für private Vermögende sein.
Wie ist die Zukunftsperspektive für den Zinshausmarkt - besonders für Zinshausmakler? Doll: Der Zinshausmarkt hat im europäischen Vergleich nur eine marktrelevante Bedeutung in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in den Benelux Ländern. In Frankreich und Großbritannien ist diese Assetklasse eher als untergeordnet zu bezeichnen. Das Angebot an Zinshäusern wird sich weiter verknappen, die Preise werden noch weiter steigen, denn die Investoren schauen mehr auf den Einkaufspreis pro Quadratmeter Wohnfläche und nicht so sehr auf den Faktor. 30-fach ist in Berlin schon zur Normalität bei soliden Zinshäusern geworden. In A-Städten und Toplagen gibt es praktisch keine Grenze nach oben. Ob das gesund ist, müssen aber andere beantworten. Unser Unternehmen engagiert sich daher fast ausschließlich in der Projektentwicklung und im Neubau von Wohnimmobilien.
Eignen sich Zinshäuser aufgrund der niedrigen Renditen noch als Anlageobjekt? Doll: Zinshäuser werden immer ein klassisches Anlageobjekt für vermögende Privatkunden bleiben. Es braucht meist keinen spezialisierten Asset-Manager und wenn man eine solide und gute Hausverwaltung gefunden hat, benötigt man lediglich noch ein effektives Hausverwaltungs- und Vermietungscontrolling. Diese Instrumente kann auch ein klassischer privater Investor einsetzen, um keine Überraschungen in seinen Anlageobjekten zu erleben. Vermögende Privatkunden stören sich auch nicht an niedrigen Renditen. In dieser Anlegergruppe fragen die Banken bei liquidem Vermögen ja zunehmend Strafzinsen an. Insofern ist ein "safe haven" wie die Amerikaner sagen. Nur Anleger, die auch auf komplexe andere Kapitalmarkt-Transaktionen setzen wollen und dabei sehr risiko-affin sind, kommen am Zinshaus vorbei. Wir sehen in Deutschland ja an Transaktionen der jüngsten Vergangenheit, dass auch eine Deutsche Wohnen AG Zinshäuser in Portfolien in Berlin erwirbt. Das Problem ist eher das knappe Angebot.
Und welche Lagen sind derzeit bei Zinshausinvestoren beliebt? Doll: In Berlin und sicherlich auch in Wien suchen die Anleger im Stadtgebiet immer von innen nach außen. Das bedeutet aber auch, dass das Angebot in den absoluten Zentrumslagen begrenzt und die Preise sehr, sehr hoch sind. Auch in anderen A und B Städten Deutschlands ist dies der Fall. Einige Investoren haben daher auch bereits die C-Städte für sich entdeckt. Hier müssen die Immobilien aber in Top-Lagen sein und es darf nahezu keinen Instandhaltungsrückstau geben. Beliebt sind außerdem Angebote mit Denkmalcharakter. Hier können Investoren neben einer höheren Rendite auch noch die Steuervorteile aus der Denkmalschutz-Abschreibung mitnehmen. Für Berlin wird Charlottenburg-Wilmersdorf und die Gegend rund um den Ku´damm und den Savignyplatz die Toplage bei Zinshäusern bleiben. Perspektivisch sind aber auch die Verflechtungsräume zwischen dem Allianz-Tower in Berlin-Treptow und dem zukünftigen Flughafen BER als Zinshausmärkte mit Preissteigerungspotential zu nennen. Zugeben muss man aber, dass es hier ein relativ begrenztes Angebot gibt.
